Ein dreiteiliges Wandbild über Bewegung, Perspektive und Rückkehr
Dieses Wandbild befindet sich im Inneren eines Tunnels und besteht aus drei zusammenhängenden Bereichen. Es erzählt die Geschichte eines Papierfliegers – von seinem Abflug bis zur Rückkehr. Dabei wird nicht nur der Flug selbst dargestellt, sondern auch die Idee von Veränderung, Bewegung im Raum und das Zusammenspiel zwischen Bild und Betrachter*in.
1. Abschnitt – Der Abwurf
An der ersten Wandfläche am Tunneleingang beginnt die Reise: Fünf überlagerte Handhaltungen zeigen, wie ein Papierflieger losgelassen wird. Die Bewegung des Arms wird sichtbar gemacht – eine einfache Geste, eingefroren in mehreren Phasen. Sie steht für das Starten, das Loslassen, den Anfang.
2. Abschnitt – Der Flug
Im Mittelteil – dem Herzstück des Werks – überspannt das Bild zwei Wände und die Decke. Die Darstellung ist anamorphotisch, das heißt: stark verzerrt. Nur aus einem bestimmten Blickwinkel setzt sich das Motiv richtig zusammen. Diese Technik nutzt den Raum aktiv mit und lädt dazu ein, sich im Tunnel zu bewegen und den idealen Punkt zu entdecken. Der exakte Ort, von dem aus das Bild vollständig und korrekt erscheint, ist auf dem Boden markiert – eine Einladung, den Standpunkt zu wechseln und das Werk aus der richtigen Perspektive zu erleben. Betrachtende stehen damit mitten im Bild und werden Teil der Komposition.
3. Abschnitt – Die Rückkehr
An der gegenüberliegenden Wand endet der Flug: Der Papierflieger ist gelandet – oder zurückgekehrt. Dieses Bild verweist auf die Idee der Wiederkehr, ähnlich einem Bumerang. Was einmal losgelassen wurde, kommt verändert zurück. Auch der Flieger selbst ist nun leicht verändert: Er trägt neue Farben und Strukturen – ein Zeichen für die Veränderung durch das Unterwegssein.
Ein besonderes Detail: Die Muster auf dem Flieger stammen von einem lokalen Graffiti-Künstler. Damit entsteht eine bewusste Verbindung zur Umgebung und zur lokalen Kunstszene – der Flug endet dort, wo er begonnen hat, aber nicht ohne Spuren.
Gedanke hinter dem Werk
Dieses Kunstwerk nutzt bewusst die Form des Tunnels – nicht als bloße Fläche, sondern als aktiven Teil der Erzählung. Die verzerrten Bilder (Anamorphosen) durchbrechen gewohnte Sehgewohnheiten. Wer das Bild verstehen möchte, muss sich bewegen und seinen Blickwinkel ändern. So wird das Wandbild zu einem Sinnbild: Auch im Leben erkennen wir viele Dinge erst dann klar, wenn wir unsere Perspektive verändern.
Im Hintergrund dieses Bildes schwingt der Gedanke eines Heimkehrwillens mit – jener inneren Kraft, wie man sie von Brieftauben kennt, zurückkehren zu wollen. Der Flug des Papierfliegers ist auch ein Bild für die Suche nach Orientierung, nach Zuhause, nach sich selbst – und dafür, dass jede Rückkehr eine andere ist als der Aufbruch.
Der Künstler: CASE
Andreas von Chrzanowski (* 23. Januar 1979, Schmalkalden) alias Case ist Gründungsmitglied der bekannten Ma´Claim-Crew und seit über zwei Jahrzehnten ein Pionier des Fotorealismus. Nach Abschluss seines Diploms als Restaurator zog es ihn nach Frankfurt. Die Stadt dient ihm noch immer als Basis, von der aus er die Welt bereist, um großformatige Wandbilder zu malen. Die meisten seiner Kunstwerke basieren auf Fotos, die er selbst gemacht hat, während er die Nachbarschaft erkundet, in der er gerade arbeitet.
